Yunnan, Tag 2: Die Tigersprungschlucht

Wie es der unglückliche Zufall will, bin ich heute Abend allein daheim und habe deswegen Zeit, den nächsten Post ins Orbit zu schießen. Juchu!

Der nächste Punkt auf unserer Agenda war also die sogenannte Tigersprungschlucht. Hinter dem Namen steckt natürlich eine tolle Legende, deren Details ich leider nicht mehr ganz zusammen kriege. Die Quintessenz ist, dass ein Tiger auf der Flucht vor seinen Jägern an der engsten Stelle der Schlucht einfach quer über den reißenden Fluss gesprungen sein soll. Interessanterweise zählt zu der Schlucht aber noch das ganze umgrenzende Gebirge, weswegen es einen Wanderweg gibt, der auch Tigersprungschlucht heißt. Diesen Wanderweg hatten wir uns vorgenommen. Wir wussten ungefähr was uns erwartet, man informiert sich ja heutzutage erstmal im Internet sehr ausführlich über alle Eventualitäten, bevor man überhaupt losreist. Gleichzeitig wussten wir absolut nicht, was uns erwartet 😅 Wir hatten zuvor schon ab und an gelesen, dass die Tour körperlich recht anspruchsvoll ist, aber wie kräftezehrend es wirklich war, hat uns dann doch ein bisschen kalt erwischt.

Eine der wenigen Gelegenheiten, bei der der Weg gut befestigt und dazu noch ausgeschildert war 

Aber der Reihe nach: Es begann damit, dass wir von unserem Bus etwa einen Kilometer vor Beginn der eigentlichen Wanderroute rausgelassen wurden und den Weg zum Pfad überhaupt erstmal finden mussten. Ein wie es schien zufällig gerade dort sitzender Mann wies uns für die ersten paar Biegungen den Weg (beschildert war es nämlich so ungefähr dürftig bis gar nicht) und blieb dann an einer Schule am Rande des Weges zurück. Ich meinte noch scherzeshalber zu Jo, dass der Mann jetzt immer an allen Abzweigungen des Wegs auftaucht und uns sagt, wo wir langgehen müssen, weil er uns zumindest am Anfang so lange gefolgt war. Das Lachen ist uns allerdings ein paar hundert Meter weiter im Hals stecken geblieben, denn da saß er tatsächlich und sagte uns wo wir lang mussten! Wie absurd ist das bitte? Wir wissen bis jetzt nicht genau, wie er es geschafft hat uns unbemerkt zu überholen (Auto ist ziemlich wahrscheinlich, denn zu Beginn des Weges fuhren leider noch sehr sehr viele rum), des Rätsels Lösung warum er uns folgte oder besser gesagt vorauseilte folgte jedoch auf dem Fuße: Ehe wir uns versahen hatte er irgendwo ein Pferd hergezaubert (wenn ich so drüber nachdenke, hat er auch schon die ganze Zeit vorher gesagt, dass man einfach reiten könne, um sich das Laufen zu sparen) und lauerte darauf, dass einer von uns schlapp machte, damit er uns gegen Bezahlung auf dem Pferd hochtransportieren konnte.

Naxis Guesthouse

Blöderweise war der erste Anstieg der Tour für mich auch der schlimmste, denn es ging konstant nur bergauf und das auf unbefestigten Graswegen. Da wir uns von dem Mann und zusätzlich noch zwei anderen (seinen Komplizen?) so verfolgt fühlten, zogen wir das Tempo an, sodass ich bald echt Atemnot hatte und nach jedem Abschnitt eine Pause einlegen musste - aber bloß keine zu lange, damit der Pferdemann uns nicht belästigen konnte. Zu allem Überfluss war die Landschaft im ersten Abschnitt der Wanderung furchtbar hässlich, Aussicht hatte man vor allem auf Bergbau und dementsprechend war es auch furchtbar laut und stinkend. Bereits bei unserem ersten Checkpoint, Naxis Pension waren wir also völlig fix und alle und fragten uns, was uns noch alles blühte.



Von einem für die Abgelegenheit in den Bergen wirklich ausgesprochen günstigen Mittagessen gestärkt, doch schon mit müden Beinen traten wir also den weiteren Teil des Weges an, der laut unserer (nutzlosen) noch einmal gut 4 bis 5 Stunden ausmachen sollte - bis zu Naxis hatten wir rund 2 Stunden gebraucht. An den Mittelteil des ganzen erinnere ich mich nur noch sehr verschwommen, ich weiß nur noch, dass wir höllisch geschwitzt und jedes Mal geflucht haben, wenn der Weg nach unten führte, da das hieß, dass auch irgendwann wieder ein Aufstieg kommen musste. Der angeblich anstrengendste dieser Aufstiege wird 28 Kurven genannt. Vor ihm grauste uns schon, denn was sollte schon anstrengender sein, als die Flucht vor dem Mann mit den Pferden zu Beginn?! Von irreführender Beschilderung verwirrt, kämpften wir uns tapfer einen schlammigen Aufstieg nach dem nächsten hoch und waren inständig dankbar dafür, dass es nicht regnete. Irgendwann als wir uns fragten, wie weit es denn noch sein könne zu diesen 28 Kurven, denn wir hatten nun wirklich schon so viele Höhenmeter gemacht und wollten sie nur so schnell wie möglich hinter uns bringen, kamen wir in einem Dorf mit einem weiteren Gasthaus an. Auf Nachfrage bei einem Tantchen aus diesem Dorf viel uns dann wie Schuppen von den Augen, dass wir die Kurven tatsächlich schon geschafft hatten (der schlammige Anstieg, man erinnere sich), ohne es zu merken! Das muss man auch erstmal bringen 😂

Es war allerdings auch besser so, denn viele Reserven hätten wir sowieso nicht mehr gehabt. Nach einer ausgiebigen Rast machten wir uns also an den für diesen Tag letzten und schönsten Teil der Strecke. Nicht nur landschaftlich war der letzte Teil eine Augenweide, auch auf das Alltagsleben der Dorfbewohner, wie zum Beispiel den Abtrieb von Ziegen usw., konnte man einen Blick erhaschen. Für die Erinnerung, die wir aus diesem letzten Abschnitt mitnehmen, haben sich die Strapazen wirklich gelohnt!

Aussicht beim Abendessen
Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie erleichtert wir waren, als wir endlich unser Nachtquartier erreichten~ Den Abschluss des Tages bildete ein lauschiges Abendessen mit einem belgischen Pärchen, das genau dasselbe durchgemacht hatte wie wir und mit dem wir uns auf Anhieb verstanden. Die Aussicht bei diesem Abendessen und die Aussicht auf ein halbwegs weiches Bett waren beide himmlisch~ Auch wenn wir am nächsten Morgen bereits um sechs wieder aufstanden, um unseren strammen Zeitplan einzuhalten (dazu mehr im nächsten Post), hat Schlaf selten so gut getan 💖

Vom nächsten Tag möchte ich euch also im nächsten Beitrag erzählen. Ich weiß leider noch nicht, wann ich dazu komme, denn im Moment geht wieder alles an Terminen drunter und drüber, aber ich gebe mein Projekt Blog nicht auf! Seid also weiter gespannt, denn es gibt noch sehr viel zu erzählen~



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